Theo, wir fahren in die Mark
Am 30. Dezember 2019 wäre der Apotheker, Journalist, Schriftsteller und Theaterkritiker Theodor Fontane 200 Jahre alt geworden. Seine „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ gelten nach wie vor als Reise(ver)führungen. Dem wird das Bundesland mit einem Themenjahr gerecht.
Theodor Fontane wurde Ende 1819 in Neuruppin geboren. Natürlich bildet die Kreisstadt im Ruppiner Land den Schwerpunkt des Themenjahres. Neben zahlreichen kulturellen Veranstaltungen wird es ab 30. März auch eine Leitausstellung im Museum (fonatane.200/Autor) der Fontanestadt (August-Bebel-Straße) sowie vom 13. bis 16. Juni einen internationalen Kongress der Potsdamer Universität zum Thema „Fontanes Medien (1819-2019)“ geben.
„Der Dichter war vielseitiger, als oft angenommen“, charakterisierte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. „Er war Korrespondent und Redakteur in England, Berichterstatter im deutsch-französischen Krieg und Theaterkritiker. Ich lade alle ein, die Angebote zu nutzen und auf den Spuren Fontanes Neues kennenzulernen“, meinte der Landesvater.
Kutschfahrt in den Spreewald
Touristisch sei der Spreewald schon längst ein Spitzenreiter im Bundesland, konstatierte Harald Altekrüger, Landrat des Spree-Neiße-Kreises und Vorstandsvorsitzender des Tourismusverbandes Spreewald. Mit fast 350 000 Übernachtungs- und weiteren zahlreichen Tagesgästen ist die südbrandenburgische Region so besucht wie keine andere in diesem Bundesland. Und diesen Trend gebe es seit Mitte des 19. Jahrhundert, betonte Altekrüger. Die „Schuld“ dafür schiebt er Theodor Fontane in dessen Wanderschuhe.
Zweifellos machte Theo, wie ihn (auch) seine Freunde nannten mit denen er an einem Augustwochenende 1859 einen Ausflug in den Spreewald unternahm, auch diese Region literarisch bekannt. Die Kutsche der Nachtpost brachte die Reisegesellschaft von Berlin über Zossen, Baruth und Golßen am frühen Sonntagmorgen nach Lübben. Was der 39-Jährige dort sah und erlebte, „entfachte das Feuer in ihm“, schilderte der Landrat. Fontanes Spreewaldeindrücke publizierte er dann auch in seinen fünfbändigen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Dies war faktisch der regional touristische Urknall. Damit verfasste der Schriftsteller nicht nur einen Reiseführer, sondern er sei auch ein Reiseverführer, meinte Altekrüger. „Fontanes Rolle als Botschafter für den Spreewald ist von Beständigkeit, überdauert bis heute. Eine solche Strahlkraft bedeutet für uns als touristische Region viel“, betonte er.
Gemeinsame Themenschwerpunkte
Für die Leiterin des Tourismusverbandes Spreewald, Annette Ernst, ist es „ein echtes Vergnügen“, mit „wie viel Freude, Originalität und Kreativität die Spreewaldorte die Gäste mit auf die Spuren Fontanes nehmen“ werden. Das Themenjahr zum 200. Geburtstag sei „eine schöne Gelegenheit, den Spreewald als Region zu präsentieren, in der Naturidylle, Kulturerleben und lukullische Genüsse Hand in Hand miteinander einhergehen“, freute sie sich. Dazu fanden sich bereits 2017 die Organisatoren aus den Spreewaldorten Burg, Cottbus, Lübben und Lübbenau sowie dem Projekt „Kunstraum Spreewald“ zusammen, um gemeinsam die Themenschwerpunkte für 2019 zu entwickeln.
„Wer den Ausführungen in den ‚Wanderungen durch die Mark Brandenburg‘ gedanklich folgt, der wird überrascht sein, wie vieles sich auch heute noch von dem entdecken lässt, dass er schon beschrieb. Die Genauigkeit seiner Sprache ist faszinierend und erlaubt uns quasi einen Blick durch die Vergangenheit in die Gegenwart mit der Möglichkeit, Vertrautes neu zu erfahren“, schilderte Cornelia Meißner, Projektkoordinatorin der Arbeitsgemeinschaft Fontane.
Das kulturelle Spreewälder Fontanefeuerwerk begann bereits am 4. Dezember 2018 in Lübben mit einem musikalisch-literarischen Programm. Der Titel: „Weihnachten im Hause Fontane – Ein Dichterleben zur Weihnachtszeit“. Vom 17. bis 19. Mai wird es dort auf drei Bühnen das „Deutsche Trachtenfest“ mit rund 2500 Teilnehmern geben.
Auf Fontanes Pfaden
Von Lübbenau aus ließen sich Theo und seine Freunde damals auf einer Kahntour in das Spreewalddorf Lehde staken. Diesen Ort beschrieb er dann als „Venedig im Taschenformat“. „Bei der ‚Fontane-Kahnfahrt anno 1859‘ haben die Gäste die Gelegenheit, sich buchstäblich auf den Pfaden Fontanes zu bewegen“, schilderte Daniel Schmidgunst von der Spreewald-Touristinformation Lübbenau. Die Tagestour führt auf historischer Route zum Waldhotel Eiche in Burg, wo Theo einst den vorzüglichen Hecht in Spreewaldsoße und die gastfreundliche Wirtin lobte. Und mit der Spreewald-Christl in ihrer Niedersorbischen Tracht können Gruppen durch Lübbenau wandern und dabei viele bekannte und auch weniger bekannte Fontane-Zitate hören.
Bereits im Dezember gab es eine erste Erlebniswanderung auf den Spuren Fontanes. Diese werde es regulär von März bis Oktober geben, informierte Nicole Schlenger, Sachgebietsleiterin Tourismus beim Amt Burg. Bei ihr können sich Gruppen melden, wenn diese unmittelbar von Theo selbst auf seinen ursprünglichen Wanderungen begleitet werden wollen.
In die Rolle des Heimatdichters schlüpft der Schauspieler Michael Apel. Er hatte den Touristikern diese Form des Erlebnisrundganges schon öfter angeboten. Doch erst in unmittelbarer Vorbereitung des Jubiläumsjahres, gingen die Organisatoren darauf ein. Die Gruppenanmeldungen für die historisch-prominente Wanderbegleitung sollte über n.schlenger@burgimspreewald.de (Tel.: 035603-7501613) erfolgen.
Oper und Birnen
Absoluter Höhepunkt des Fontanejahres im Spreewald wird zweifellos die Premiere der Oper „Effi Briest“ am 26. Oktober im Staatstheater Cottbus sein. Der Roman, den Theo als 77-Jähriger schrieb, diente bereits 1938 als Filmvorlage. 2001 wurde „Effi“ in Cottbus erstmals als Schauspiel inszeniert. Nun verwendete der Komponist Siegfried Matthus die Geschichte als Grundlage für eine Opernfassung.
Rund 200 km trennen Theos Geburtsort Neuruppin von seinen faszinierenden Ausflugserlebnissen im Spreewald. Auf dem ersten Drittel der Strecke Neuruppin-Spreewald befindet sich übrigens Ribbeck. Diesem heutigen Ortsteil der Stadt Nauen hat Fontane ebenfalls ein literarisches Denkmal gesetzt – mit dem berühmten Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“. Seither floriert dort der Birnentourismus in all seinen Facetten. Also, auf geht’s: Theo, wir fahren in die Mark!
Text und Fotos: Herbert Schadewald | Januar 2019