Das Museum für Islamische Kunst in Berlin gehört nach dem Museum für Islamische Kunst in Kairo zu den bedeutendsten und ältesten Sammlungen seiner Art überhaupt. Dabei stellt es nicht nur vielfältige Werke islamischer Kunst im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel Berlin aus, sondern begreift sich überdies als eine der führenden Forschungseinrichtungen auf ihrem Gebiet. Es engagiert sich in den Bereichen Restaurierung, Kulturerbeschutz in den Herkunftsländern, internationaler Kulturaustausch und Bildung.
Vom Juli bis Oktober 2021 lädt das Museum für Islamische Kunst auch zum Anschauen zeitgenössischer Schrift-Kunst von Hassan Massoudy ein. Unter der Überschrift „Raum für alle hat die Erde“ sind geschriebene, gezeichnete und gemalte übergroße Buchstaben in leuchtende Farben zu bewundern. Es sind visuell beeindruckende Werke eines Künstlers, die dessen Version der Welt widerspiegeln. Eine Welt, wie er sie sich wünschen würde: friedlich, harmonisch und tolerant. Zu sehen sind Bilder mit traditionellen arabischen Schriften in einen jeweils zeitgenössischen Kontext.
Erste Eindrücke in geteilten Bewegtbildern von Massoudys Arbeit ganz allgemein aus dem Jahre 1998 | Hassan Massoudy 27+28 | Film de Djelloul Baghoura | Quelle: YouTubekanal "massoudy":
Hassan Massoudy wurde 1944 in Najaf im Irak geboren und war bereits während seiner Kindheit von arabischer Kalligraphie umgeben, die die Wände von Bibliotheken, Moscheen und religiösen Schulen schmückte. Hinzu kam, dass er schon als Kind und Heranwachsender seinem Onkel bei seiner Arbeit als Amateur-Kalligraphen zuschauen konnte (siehe: "Die vollkommene Harmonie"). Dadurch angeregt beschloss Massoudy mit 17 Jahren nach Bagdad zu ziehen, um dort Graphik Design und Malerei zu studieren und um natürlich auch die klassischen Stile der Kalligraphie zu erlernen. Das Leben in dieser Stadt war für den jungen Mann damals sehr inspirierend, da er dort erstmals mit zeitgenössischen Kunstausstellungen in Berührung kam. Und ganz offensichtlich von da an für ihn klar war, dass er sich ganz der Kunst widmen wollte. Um den damals politischen Unruhen in seinem Heimatland zu entkommen, entschloß er sich schweren Herzens 1969 nach Frankreich zu ziehen, um dort seine Ausbildung fortzusetzen - in Paris die figurative Malerei an der weltberühmten École Nationale Supérieure des Beaux-Arts zu studieren. Beeinflusst von den großen arabischen Meistern als auch von Künstlern wie Leger, Matisse, Soulages und Picasso, tauchte die Kalligraphie zunehmend in seinen figürlichen Arbeiten auf, um schließlich ganz und gar den Platz einzunehmen.
1972 gründete Massoudy mit dem Schauspieler Guy Jacquet und später mit dem Musiker Fawzi Al Aiedy die Show „Arabesque“ gründete - eine öffentliche Performance, die Musik und Dichtung kombiniert zusammen mit Kalligraphie, die vorgeführt und auf eine große Leinwand projiziert wird. | Quelle: YouTubekanal: Hilaci Attia
Die traditionelle Arabische Kalligraphie wird grundsätzlich mit schwarzer Tinte ausgeführt. Hassan Massoudy bricht mit dieser Tradition und bevorzugt fortan eine Palette, der er Blau-, Grün-, Gelb- und Rottöne zufügt. Und somit werden seine so feinfühligen Schöpfungen zunehmend mehr zu einer Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Orient und Okzident, aus Tradition und Moderne - bestehend aus Zitaten und Sinnsprüchen über Liebe, Natur und Humanismus aus Weisheiten von Dichtern und Philosophen verschiedener Jahrhunderte.
Hat Massoudy einmal eine Auswahl getroffen, vergrößert er ein einzelnes Wort aus dem Text und malt es mit einem flachen Pinsel oder Instrumenten aus Holz oder Pappe in die Mitte seiner Komposition. Anschließend fügt er die gesamte Passage in das Werk ein, das er mit einem Qalam - einem traditionellen Schreibgerät aus getrocknetem Schilf - schreibt. Sowohl diese Schreibgeräte samt zugehöriger Tinte stellt er selbst her. U. a. zu sehen im hier geteilten Film de Serge Mascret von 1994:
Hassan Massoudy hat seine Arbeiten an renommierten Institutionen auf der ganzen Welt ausgestellt, darunter das Kennedy Center, Washington, D.C.; das Britische Museum, London; Musée des Manuscrits du Mont Saint Michel, Avranches, Frankreich; Centre d’Art Contemporain, Abbaye de Trizay; und der Palais des Congrès de Grasse, Frankreich. Seine Arbeiten befinden sich in den Sammlungen des British Museum, London; Museum für asiatische Zivilisationen, Singapur; und Musée du Quai Branly, Paris. 2013 stellte er auf der Sharjah Biennale 11 aus und zwei Jahre später stellte er bei Frontiers Reimagined aus, einem Collateral Event der 56. Biennale von Venedig. Seit Juli 2021 erstmal auch in Berlin: Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum und Freiraum in der Box
Ausstellungsansicht für die Zeit vom 3.7.2021 - 28.8.21 | Zeitgenössische Schrift-Kunst von Hassan Massoudy | Freiraum in der Box | © Staatliche Museen zu Berlin | Museum für Islamische Kunst / Zina Ebden
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